"Vor drei Jahren habe ich durch einen Zufall herausgefunden, dass mein Mann seit Jahren eine Geliebte hat und immer wieder seine Dienstreisen für ein Treffen nutzt. Er bat mich, dass ich ihm verzeihen möge. Er will unbedingt nach 30 Jahren Ehe, dass wir zusammen bleiben. Er belügt mich aber weiterhin – hat trotz seiner Versprechungen Kontakt zu ihr. Dann zieht er zu ihr und anschließend wieder zu mir –und belügt mich auch jetzt noch. Was soll ich nur tun?" (Gudrun, 56, Kassel)
Sie sind in einer verzwickten Lage. Und einen großen Teil tragen sie selber mit Ihrem Verhalten dazu bei. Sie versuchen offensichtlich, Ihrem Mann immer wieder ohne jede Aussprache in der Sache einfach so zu vergeben. Und dann gehen Sie beide zur Tagesordnung über. Zumindest versuchen Sie es.
Und genau so kann man die Folgen einer Untreue nicht beheben. Und man kann sie so oft auch nicht beenden. Ihr Mann kann von der Untreue nicht lassen. Und sie können kein neues Vertrauen aufbauen. Völlig logisch. Sie verhalten sich – ebenso wie er – nach Mustern, die Sie in eine Endlosschleife führen. Sie denken: Er muss sich entscheiden. Er denkt das auch. Und das ist falsch. So wie es jetzt ist, kann es noch viele Jahre weitergehen. Ohne Lösung.
Ich bin für eine Lösung. Und die heißt nicht, dass Sie die Partnerschaft beenden müssen. Sie müssen allerdings einen ganz anderen Weg einschlagen, als in der Vergangenheit. Ist einer der Partner untreu, dann haben Sie in aller Regel eine Ehekrise. Genau um dieses Problem eiern Sie beide ständig herum. Für die Ehekrise sind beide Partner verantwortlich. Ja, auch Sie. Für die Untreue trägt nur der Untreue die Verantwortung.
Lassen Sie es mich mit einem Bild versuchen: Mir kommt es so vor, als wenn ein großer Felsbrocken bei Ihnen in der Einfahrt liegt und Sie beide fahren mit Ihren Autors trotzdem wieder und wieder in die Garage. Zumindest versuchen Sie es. „Aber da liegt doch ein Felsbrocken“, rufen die Nachbarn ganz erschrocken. Und Sie fahren sich gerade wieder einmal eine große Delle in Ihren Wagen. Aua, das tut weh!
Es ist doch so: Jede Liebe kann mit den Jahren in eine Krise kommen. Auch Ihre. Gut – aber was nun? So lange Sie nicht zugeben, dass Sie eine Ehekrise haben und sich daran machen, herauszufinden warum Ihre Partnerschaft in der Krise steckt, wird sich nichts ändern.
Die entscheidende Frage lautet: Womit ist Ihr Partner unzufrieden? Was will er anders haben in Ihrer Beziehung. Und die zweite Frage lautet: Womit sind Sie unzufrieden? Beide Antworten müssen dringend auf den Tisch.
Ich vermute, Sie bemühen sich beide, Ihre Unzufriedenheit mit dem anderen weder zu erkennen noch gar auszusprechen. Es ist ein Tabu. Und dann liegt da aber leider immer noch der große Brocken in der Einfahrt. In einer Beratung würde ich Ihrem Mann die alles entscheidende Frage stellen. Sie lautet: Was hat die andere, was Sie nicht haben? Und dann kommt in der Regel sehr schnell heraus, was er in der Partnerschaft vermisst – und sich nicht zu sagen getraut.
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